Ciao, Falschangaben! Warum Rückverfolgbarkeit wichtig ist
Die Textilindustrie steht vor einer ernsthaften Herausforderung, wenn es um die Rückverfolgbarkeit von Fasern und falsche Behauptungen über nachhaltige Materialien geht, wie auch ein kürzlich erschienener Artikel auf BBC erneut hervorhob. Dieser machte mich wieder über die Einsichten aufmerksam, die mich seit längerem beschäftigen – und warum für uns bei Muntagnard die Rückverfolgbarkeit von Anfang an die Grundlage für die Produktentwicklung ist: um sicherzustellen, dass unsere wir möglichst viel über unsere Produkte kennen und dadurch sicherstellen können. Weiter unten habe ich einige der interessantesten Erkenntnisse aufgelistet, über die ich gestolpert bin – und ich hoffe, du findest diese genauso aufschlussreich wie ich.
Der Bio-Baumwoll-Skandal: Wem kann man trauen?
Bio-Baumwolle ist eine der beliebtesten nachhaltigen Fasern, wird aber offenbar oft falsch gekennzeichnet. Grund dafür sind fragmentierte Lieferketten mit Anbau in einem Land, gefolgt von Entkörnung, Spinnen, Weben/Stricken, Färben und Konfektionieren in verschiedenen Unternehmen, meist gar in unterschiedlichen Ländern. Und damit einhergehend wohl betrügerische Praktiken, da Bio-Baumwolle einen höheren Preis erzielt als generische Baumwolle.
Mindestens 20%-30% der weltweiten Bio-Baumwollproduktion ist tatsächlich nicht Bio-Baumwolle.
Probleme mit Bio-Baumwolle wurden bereits 2020 von GOTS, dem wohl bedeutendsten Bio-Baumwollzertifierer der Welt, in Bezug auf indische Bio-Baumwollansprüche hervorgehoben. Darüber hinaus haben im Jahr 2022 zwei der grössten Zertifizierer in Indien, Control Union und Lacon Quality Certification, ihre Zertifizierungen von dem zurückgezogen, was sie heute als "Hochrisiko"-Faser bezeichnen. Warum? Man konnte schlichtweg nicht sicherstellen, dass Bio-Baumwolle tatsächlich auch Bio ist. Laut einem kürzlich erschienenen Artikel der NY Times schätzen Marktexperten gar, dass 50-80% der Bio-Baumwollprodukte im Land falsch gekennzeichnet sind. Angesichts der Tatsache, dass Indien etwa 38% der gesamten Bio-Baumwollproduktion der Welt ausmacht, würde dies bedeuten, dass mindestens 20%-30% der weltweiten Bio-Baumwollproduktion tatsächlich nicht biologisch ist! Doch damit nicht genug. Das Gesamtbild könnte gar noch schlimmer sein.
In acht Ländern, die ca. 90% der weltweiten Baumwolle produzieren, waren die Erträge für Bio-Baumwolle gleich oder (deutlich) höher als die Gesamterträge im Land, was auf eine ziemliche Anomalie hindeutet.
Ein interessanter Ansatz, um die volle Tiefe des Problems abzuschätzen, liegt im Vergleich des Ertrags von Bio-Baumwolle gegenüber "normal" angebauter Baumwolle. In der Regel sind geringere Erträge für die ökologische/biologische Produktion zu erwarten, da ertragsfördernde Praktiken wie Pestizide, Insektizide, gentechnisch verändertes Saatgut usw. nicht verwendet werden können. In acht Ländern, die ca. 90% der weltweiten Baumwolle produzieren, waren die Erträge für Bio-Baumwolle jedoch gleich oder (deutlich) höher als die Gesamterträge im Land. Dieses aufschlussreiche Ergebnis deutet auf eine ziemliche Anomalie hin, wenn man nicht gar der unverblümten Schlussfolgerung des Autors folgen möchte: Betrug.
Aber das Problem zeigt sich nicht nur bei Bio-Baumwolle: Die Cotton Egypt Association schätzte, dass 90% der weltweiten Lieferungen ägyptischer Baumwolle im Jahr 2016 gefälscht waren. Darüber hinaus stammen 85% der chinesischen Baumwolle aus dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang, wo wiederholt über weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen berichtet wurde.
Erst nach 2.5 Jahre intensiver Recherche haben wir uns entschlossen, Baumwolle in unser Sortiment aufzunehmen
Diese Beispiele unterstreichen die Bedeutung der Rückverfolgbarkeit bei der Überprüfung der ordnungsgemässen Arbeitspraktiken, Authentizität der Qualitätsangaben und/oder der Angaben bezüglich Bio-Standards. Und sind Grund dafür, dass wir erst nach 2.5 Jahre intensiver Recherche uns entschlossen haben, Baumwolle in unser Sortiment aufzunehmen (mehr zu MANGOLA).
Recyceltes PET: Ein genauerer Blick auf Betrug
Recyceltes PET ist eine weitere Faser, die oft als nachhaltig bezeichnet wird. Dieser Einschätzung würde ich aus verschiedenen Gründen nicht zustimmen: geringere Faserfestigkeit, unklare CO2-Emissionen und Entnahme von PET-Flaschen aus dem PET-Flaschenkreislauf sind nur einige Gründe dafür (mehr dazu in einem späteren Artikel). Zudem fehlt oft die Rückverfolgbarkeit dieser Fasern, weil es lange Zeit keinen Test gab, um recycelte PET-Fasern von reinem Polyester (zu dem PET gehört) zu unterscheiden. Das änderte sich Anfang 2022 mit neu entwickelten Tests von international bekannten Testlabors Intertek, TÜV Süd oder Waste2Wear. Eine Studie von Waste2Wear ergab dabei gar, dass 60% der angeblich recycelten PET-Fasern nicht wirklich recycelt wurden! Ein weiteres Beispiel dafür, warum mangelnde Rückverfolgbarkeit ein Problem ist und Betrug begangen wird, indem Konsumenten bewusst oder unbewusst getäuscht werden.
Die dunkle Seite der Bambusfasern
Viskose (bzw. Rayon) aus Bambus wird oft als nachhaltige Faser vermarktet, kann jedoch aufgrund der bei ihrer Herstellung verwendeten Chemikalien negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Darüber hinaus gibt es keine klaren Standards oder Richtlinien zur Überprüfung der Nachhaltigkeit dieser Fasern, was es schwierig macht zu wissen, ob die Angaben echt sind und woher das verwendete Holz stammt.
Rückverfolgbarkeit als Schlüssel zu nachhaltiger Mode
Rückverfolgbarkeit ist der relevanteste Aspekt, wenn es um Nachhaltigkeitsansprüche geht. Nur mit einer nachvollziehbaren Lieferkette kann eine Marke überhaupt ansatzweise sicherstellen, dass die in einem Produkt verwendeten Materialien authentisch und nachhaltig sind bzw. auch sozial verantwortlich produziert werden.
Teil der Lösung sein: Muntagnard's Bemühungen für rückverfolgbare Produkte
Bei Muntagnard glauben wir an die Bedeutung der Rückverfolgbarkeit und haben dahingehend unter grössten Anstrengungen Lösungen für unsere Baumwoll-, Merinowolle- und Holzfasern entwickelt.
Unsere Baumwolle wird beispielsweise von kleinen Familienbetrieben in Griechenland bezogen und die gesamte Lieferkette ist bis zum Endprodukt rückverfolgbar. Supreme Green Cotton® ist nicht nur vollständig rückverfolgbar, sondern sogar vollständig europäisch vom Feld bis zum Endprodukt, was den Transport um rund 80% reduziert. Mit einem optimierten Tropfbewässerungssystem können beim Anbau dieser durstigen Pflanze bis zu 40% Wasser eingespart werden. Die Bodengesundheit wird durch Fruchtfolge gewährleistet. All diese Nachhaltigkeitsfaktoren beeinträchtigen die Qualität nicht: Aus dem gentechnikfreien Saatgut wird hochwertige, langstapelige Baumwolle hergestellt. Ein Versprechen für nachhaltige Qualität.
Ebenso wird unsere Merinowolle bis zu den Farmen in Uruguay zurückverfolgt, um sicherzustellen, dass die Wolle verantwortungsvoll bezogen wird. Durch Rückverfolgbarkeit können wir uns sowohl versichern, dass die Bauern fair bezahlt werden wie auch das Tierwohl (mulesingfrei natürlich) respektiert wird. Nicht zuletzt dadurch können wir guten Gewissens die extrafeinen Merinowollfasern einsetzen. Eine perfekte Kombination aus hochwertiger und verantwortungsvoller Produktion.
Wir testen unsere Stoffe, um sicherzustellen, dass die verwendeten Fasern von unserem Lieferanten stammen - und können so die Herkunft glaubhaft nachvollziehen.
Schliesslich stammen unsere Holzfasern aus nachhaltiger Forstwirtschaft, FSC® und/ oder PEFC™ zertifiziert, die dann in preisgekrönten nachhaltigen Verfahren in Österreich zu einer Textilfaser und in Portugal zum Endprodukt hergestellt werden. Wir testen unsere Stoffe, um sicherzustellen, dass die verwendeten Fasern von unserem Lieferanten stammen - und können so die Herkunft glaubhaft nachvollziehen.
Unsere Bemühungen um rückverfolgbare Lösungen dauern dadurch länger und sind kostenintensiver. Diese rückverfolgbaren Lösungen ermöglichen es uns jedoch, glaubwürdig Gewissheit zu geben, dass unsere Produkte verantwortungsvoll mit einem hohen Nachhaltigkeitsstandard produziert werden. Sie entspricht damit voll und ganz der DNA unserer Marke und ist für uns die Basis, unsere Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards stetig weiterzuentwickeln. Wir bleiben dran.
Du hast noch Fragen zu unseren Rohstoffen oder Produkten oder hilfreiche Einblicke, wie wir uns noch weiterentwickeln können? Zögere nicht, uns eine Nachricht zu hinterlassen.
Hinweis: Der jüngste BBC-Artikel, der unten aufgeführt ist, listet zusammen mit dem NY Times-Artikel viele grossartige Quellen für eine weitere Vertiefung in diesem Thema. Sehr empfehlenswert neben den anderen Quellen.
Hinterlasse einen Kommentar
Diese Website ist durch hCaptcha geschützt und es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen von hCaptcha.